Wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt bleibt dumm. So lautet eine Zeile aus der Sesamstraße, die ich als Kind immer gerne gesehen habe und meine aktuellen Fragen als Tanzpädagogin lauten:

 

  • Wieso hat Susi so viel Angst vor neuen Mittänzern, neuen Tanzspielen und neuen Schritten im Kindertanz Unterricht?
  • Weshalb kann Paul nicht zur Ruhe kommen?
  • Warum sind  Ellas Muskeln meistens angespannt?
  • Warum spürt Thea ihre eigenen Grenzen nicht?
  • Wieso steigert sich bei Jasper die Konzentration nicht?
  • Weshalb ist es für Frieda so unglaublich schwer eine Bewegung mit der Wirbelsäule zu erlernen, obwohl sie gerne tanzt und sich ansonsten gut koordinieren kann?
  • Warum spürt Hanna so schlecht ihre Füße – obwohl wir an dem Thema Stabilität gearbeitet haben?

Wenn Dir diese oder ähnliche Beobachtungen aus Deinem Tanzunterricht, Deiner Tanztherapie oder in der Schule als Lehrer oder im Kindergarten als Erzieher bekannt sind und Dein pädagogisches Wissen und Deine Unterrichtsmethoden schwer greifen, kann dies vielleicht andere Ursachen haben. 

Bestehende frühkindliche Reflexe können eine Ursache für diese Auffälligkeiten sein.

 

Was sind frühkindliche Reflexe?

Frühkindliche Reflexe sind angeborene automatische und stereotype Bewegungen auf äußere Reize wie z.B. Berührung oder die Umwelt. Sie haben für die Entwicklung des Kindes wichtige Funktionen. Einige sichern das Überleben des Säuglings, wie z.B. der Such-, Saug- und Schluckreflex, ohne die ein Baby verhungern würde.

Frühkindliche Reflexe treten zeitlich begrenzt auf. Haben sie ihre Aufgabe erfüllt werden sie langfristig integriert und durch bewußte Bewegungen abgelöst. Die frühkindlichen Reflexe werden also im Verlauf der weiteren Entwicklung nicht nur überflüssig, sondern ihr Fortbestehen würde die Weiterentwicklung sogar hindern!

Doch es kann passieren, dass ein frühkindlicher Reflex über den ihm von Natur aus zustehenden Zeitraum hinaus aktiv bleibt oder auch durch Angst oder schwerwiegende Ereignisse wieder aktiviert wird – dies äußert sich in unbewussten motorischen Bewegungen.

Muss ein frühkindlicher, nicht integrierter Reflex willentlich in seinem Bewegungsmuster kontrolliert werden, so bindet dies viel Energie in Gehirnarealen, die ansonsten für kognitive Leistungen zur Verfügung stünden und dann wird alles schwer.

Wir machen eine kurze Exkursion in die motorische Entwicklung

Irmgard Bartenieff, eine Schülerin Labans, hat Babys im ersten Lebensjahr und Erwachsene beobachtet und daraus die sogenannten Bartenieff Fundamentals entwickelt. Sie beobachtete Bewegungsmuster, körperliche Verbindungen, Prinzipien und Themen die jedes Baby, jeder Mensch, in einer gesunden Entwicklung, verläuft.

 

Muster

  • Atemmuster
  • Zentrum-Distalmuster
  • Spinalmuster
  • Homologmuster
  • Homolateralmuster
  • Kontralateralmuster

Verbindungen

  • Basiskörperverbindung/Ganzkörperverbindung
  • Mitte-Peripherieverbindung
  • Ober-Unterkörpererbindung
  • Körperhälftenverbindung
  • Diagonalverbindung

Themen

  • Stabilität & Mobilität
  • Innen & Außen
  • Verausgabung & Erholung
  • Funktion & Expression

All dies ist im Gehirn angelegt und folgt seinem eigenen Rhythmus. Keiner muss dem Baby sagen, dass sobald es diese Welt als neuer Erdenbürger betritt, das es nun atme solle. Kinder kommen in diese Welt und entfalten sich – sie sind voller Bewegung und haben Freude am Erforschen des eigenen Körpers. Sie wiederholen ihre Bewegungen und irgendwann wenn sie bereit sind für ein neues Bewegungsmuster, machen sie es einfach.

Diese sechs Bewegungsmuster durchlaufen Babys im ersten Lebensjahr auf verschiedenen Ebenen. Zuerst im Liegen, dann kommen sie eine Etage höher ins Sitzen und später dann in den Stand. Fakt ist, dass jedes Bewegungsmuster auf das nächste aufbaut. Mein Kindertanz Unterricht ist stark von Irmgard Bartenieffs Arbeit geprägt und ich kann sehen wie sich die Kinder durch diese Bewegungsarbeit entfalten. Jede Bewegung beruht auf diesen Bewegungsmustern, nicht nur im Tanz, nein auch im Alltag, sogar beim Fußballspielen und bereitet auf komplexere Bewegungsabläufe vor, die gerade im Tanz eine elementare Bedeutung haben.

 

Doch weshalb sind bei einigen kleinen und großen Menschen die Reflexe durch die natürliche Bewegungsentwicklung integriert und bei manchen noch sogenannte Restreaktionen zu sehen?

 

Hier kann es verschiedene Ursachen haben:

  • Vielleicht ist das Kind als Kaiserschnitt zur Welt gekommen oder als Frühchen.
  • Vielleicht gab es nach der Geburt keinen physischen Kontakt zur Mutter, der innerhalb der ersten Stunde passieren sollte.
  • Vielleicht gab es in der Schwangerschaft Fehlbelastungen oder sehr viel Streß für die Mutter.
  • Vielleicht wurde das Kind nur einseitig getragen – oder nur auf eine Körperseite gelegt z.B. nur den Rücken.
  • Vielleicht hatte das Baby wenig Raum für freie Bewegungsentwicklung?
  • Vielleicht gab es eine Überreizung der Sinne?
  • Vielleicht lag das Kind zu viel in einem Maxi Cosi, hatte eine Lauflernhilfe oder wie ich es hier in Berlin schon öfters gesehen habe ein Leine für Kinder um den Bauch zum Laufen lernen.
  • Vielleicht hatte der Mensch Angst und so ist wieder ein Reflex ausgelöst worden

Nun sind wir als Tanzpädagogen keine Therapeuten, die in Kleingruppenarbeit oder sogar Einzelsettings arbeiten, nein wir haben zumeist viele Kinder im Kurs!

 

Wie ist es uns nun möglich, dieses Thema, mit dem sehr achtsam umgegangen werden muss, in eine Tanzstunde oder in den Kindergarten-und Schulalltag zu integrieren?

 

Der BrainDance nach Anne Green Gilbert ist ein tolles Warm-up für Tanzklassen oder Ritual für den Schul- oder Kindergartenalltag. Er ist für Tanzpädagogen aller Stilarten, Pädagogen und Therapeuten geeignet und lässt sich mit allen Altersgruppen durchführen.

Der BrainDance durchläuft die frühkindlichen Bewegungsmuster zur Reduktion von Restreaktionen der frühkindlichen Reflexe, die motorisches, kognitives und soziales Lernen einschränken können.  Er schafft Vorraussetzungen für koordiniertes Bewegen und ein Verständnis dafür wie Bewegung funktioniert. Er fördert die Konzentration, schafft neue neuronale Vernetzungen im Gehirn, und macht einfach Spaß.

Wenn Du mehr über dieses spannende Thema für Deinen Tanzunterricht erfahren möchtest, dann fühle Dich willkommen bei der Fortbildung Was haben frühkindliche Reflexe mit Tanz, Bewegung und Verhalten zu tun? reinzusehen. Klicke dazu einfach auf den schönen Button

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Ich freue mich auf Dich

 

Deine Stefi

7 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Saskia am 29. November 2017 um 22:08

    Ich bin gerade auf der Suche nach mehr Informationen zu diesem Thema und so zu deinem Artikel gekommen. Meine Große 4,5 hat noch mind 3 Reflexe und wir sind seit zwei Wochen in Therapie, mit der kleinen 8 Monate seit letzter Woche.
    Ich hätte gern eine solche Tanzgruppe in Frankfurt meine Tochter♥️

    Immer wenn ich über dieses Thema lese, kommen mir die Tränen, denn soviel kann den Mäusen erspart bleiben. Wir haben leider erst vor kurzem davon erfahren. Ich hoffe es hilft beiden meiner Töchter



    • Veröffentlicht von Stefi Schmid am 30. November 2017 um 23:17

      Hallo Saskia,
      herzlichen Dank über Deinen kleinen Einblick mit Deinen beiden Töchtern und das diese wunderbare Arbeit Dich gefunden hat. Gerne empfehle ich dir das Buch von Bärbel HölscherKraftvoll! Reflexe prägen das Leben.
      Ich wünsche Dir und Deinen beiden Mäusen nun von Herzen alles Gute
      Stefi



  2. Veröffentlicht von Stefi Schmid am 3. September 2017 um 7:57

    Hi Celesta,
    I´m very glad that I made your day.



  3. Veröffentlicht von Ute Maria Lang am 10. Juli 2017 um 12:26

    Liebe Stefi,
    danke für diesen klaren Artikel zu den Reflexen innerhalb der Arbeit mit den BF`s. Sie sind ein wichtiges Element im Entwicklungsprozess und es gibt mehr.
    Schau die Säuglingsforschung an, die den Beziehungsaspekt in den Vordergrund schiebt und auch da in den ganz frühen Beziehungen werden schon die wesentlichen neurobliologischen Strukturen gelegt, die unser Beziehungserleben prägen. In vielen Kinderspielen kommen dann solche Aspekte, wie die Integration der Reflexe und das soziale Lernen zusammen. Schau dir mal die Homepage von Bettina Rollwagen an oder auch auf meiner Homepage den Kurs zu Bewegung und Entwicklung. Ich arbeite mit den BF genau an dieser Integration von Körper , Gefühl und Beziehung.
    Wie schön das du da auch dran bist. Lieben Gruss Ute Maria Lang



    • Veröffentlicht von Stefi Schmid am 10. Juli 2017 um 12:40

      Liebe Ute,
      ich danke dir ganz herzlich für dein tolles Feedback.
      Ja es gibt so viel herrliches zu entdecken innerhalb der Bartenieff Fundamentals.
      Die Beziehungsebene ist auch eine wichtiger Bestandteil meiner Arbeit – sie prägt tatsächlich für das ganze Leben.
      Bettina kenne ich, wir waren zusammen auch auf dem Moving from within Kongress.
      Gerne schaue ich mal auf deiner Homepage vorbei, Bettina hatte mir schon einmal von Dir erzählt.
      Liebe Grüße an Dich,
      Stefi



  4. Veröffentlicht von Frank Mennicke am 30. Mai 2017 um 21:04

    Danke Stefi, besonders für diesen Artikel über die frühkindlichen Reflexe. Er hat mich neugierig gemacht und ich glaube auch, dass er mein bisheriges Verständnis vom menschlichen Nervensystem erweitern kann. Viele liebe Grüße aus Afrika,
    Frank



    • Veröffentlicht von Stefi Schmid am 30. Mai 2017 um 22:06

      Lieber Frank gern geschehen – für mich selber ist es ein ganz besonders spannendes Thema, in das ich immer mehr eintauche und versuche Verknüpfungen herzustellen. Ich sende dir nun viele liebe Grüße zurück nach Afrika.



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